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Spitäler in der KriseDas Spital Uster braucht dringend Geld, sonst geht es in Konkurs

Damit das Spital Uster renoviert werden kann, müssen die Trägergemeinden einer Kapitalerhöhung zustimmen.

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Ausgerechnet zum Ende seiner Karriere als Bundesrat musste Alain Berset diesen Herbst eine massive Prämienerhöhung verkünden. In seinen zwölf Jahren als Gesundheitsminister hat er die Kosten nicht in den Griff bekommen, so zumindest der Eindruck. Und das dürfte dem SP-Politiker gar nicht gefallen. In der Spitalbranche wird befürchtet, dass Berset noch einen Sparentscheid fällt, bevor er Ende Jahr zurücktritt. Konkret: dass er den Spitälern das Geld kürzt.

Der Gesundheitsminister hegt schon seit mehreren Jahren die Absicht, tiefere Spitaltarife zu verordnen. Doch die Kantone, die für die Spitalplanung zuständig sind, wehrten sich bisher erfolgreich dagegen. Nun, wo die Pandemie vorbei ist und die Kosten aus dem Ruder laufen, könnte Berset seinen Plan in die Tat umsetzen.

70 Prozent der Spitäler zu teuer

Im Sommer hat er eine Verordnung vorgelegt, welche die Regeln für die geplante Tarifsenkung definiert. Kernpunkt: Für alle Akutspitäler der Schweiz gilt die gleiche Basisfallpauschale, und deren Höhe entspricht den Kosten der 30 Prozent günstigsten Spitäler. Das heisst, für 70 Prozent der Spitäler ist der Tarif nicht kostendeckend.

Die Zürcher Spitäler galten früher als vergleichsweise effizient, inzwischen sind ihre Kosten pro Fall aber stark gestiegen. Hauptgrund ist der Fachkräftemangel, der die Betriebe einerseits zu Lohnerhöhungen zwingt und andererseits zur Folge hat, dass sie regelmässig ganze Abteilungen schliessen müssen, weil das Personal fehlt – mit entsprechenden Umsatzverlusten.

200 Millionen Franken weniger

Setzt Berset den tieferen Tarif durch, bedeutet dies für die Zürcher Spitäler im schlimmsten Fall Mindereinnahmen in Höhe von insgesamt rund 200 Millionen Franken. Das haben die Fachleute der Gesundheitsdirektion ausgerechnet; in die Rechnung einbezogen sind neben den Akutspitälern auch Reha- und psychiatrische Kliniken. 

Für die meisten Akutspitäler im Kanton gilt derzeit ein Basisfallpreis von 9900 Franken. Die Spitäler und die Krankenkassen konnten sich kürzlich auf eine Preiserhöhung von 250 Franken einigen, nachdem die Krankenkassen diese zuerst abgelehnt hatten. Auch der neue Tarif ist für eine Mehrheit der Spitäler aber nicht kostendeckend.

Branchenkenner halten es für realistisch, dass Berset durchgreift. Und das würde eine Dynamik auslösen: Die Krankenkassen würden die laufenden Verträge kündigen, und die Banken würden noch kritischer prüfen, welche Spitäler überlebensfähig sind, bevor sie Kredite vergeben.

Viel zu tiefes Eigenkapital

Besonders schlimm wäre dies für das Spital Uster. Das Regionalspital im Zürcher Oberland hat jetzt schon existenzielle Probleme. Es braucht dringend neues Geld.

Laut Vorgaben der Gesundheitsdirektion sollte ein Spital eine Eigenkapitalquote von mindestens 30 Prozent haben, das Spital Uster hat aber nicht einmal halb so viel. Demnächst werden bestehende Darlehen in Höhe von insgesamt 55 Millionen Franken fällig und müssen ersetzt werden. Doch die Verhandlungen mit den Banken gestalten sich schwierig, diese verlangen Sicherheiten.

«Falls die Refinanzierung scheitert und keine Kapitalgeber gefunden werden, droht der Konkurs aufgrund fehlender Liquidität.»

Stadtrat Uster

Das Spital sieht die Lösung in einer Aktienkapitalerhöhung. Die zehn Trägergemeinden sollen insgesamt 40 Millionen Franken einschiessen, wobei Uster mit 20 Millionen und Dübendorf mit 9,7 Millionen die grössten Beiträge zu leisten haben – entsprechend ihren Anteilen am Aktienkapital.

Die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass das Geld zusammenkommt. An einer ausserordentlichen Generalversammlung haben letzte Woche die Vertreterinnen und Vertreter aller Aktionärsgemeinden zugestimmt. In Uster hat auch das Parlament bereits Ja gesagt ohne nennenswerte Einwände.

Für die Parlamentsmitglieder ist klar: Die drittgrösste Stadt im Kanton will ihr Spital behalten. Und muss deshalb zahlen. Eine Alternative gibt es nicht, das hat der Stadtrat in seiner Weisung klargemacht: «Die Banken erwarten von den Eigentümern ein klares Bekenntnis zu ihrem Spital, das in Form einer Aktienkapitalerhöhung erfolgen soll.» Und: «Falls die Refinanzierung scheitert und keine Kapitalgeber gefunden werden, droht der Konkurs aufgrund fehlender Liquidität», schreibt der Ustermer Stadtrat.

Das Spital als wirtschaftlicher Faktor

Für die Standortgemeinde ist das ein Schreckensszenario. Auch der Dübendorfer Stadtrat hält das Spital Uster für unverzichtbar, wie er in seinem Antrag für die Kapitalerhöhung schreibt. Das Spital präge das «Sicherheitsempfinden der Menschen» in Uster, dem Oberen Glattal und dem Zürcher Oberland. Zudem trage es mit seinen vielen Arbeits- und Ausbildungsplätzen zur Standortattraktivität bei.

Ein weiteres Argument sowohl in Uster wie auch in Dübendorf ist die Angst vor einem noch grösseren finanziellen Schaden: Müsste das Spital geschlossen werden, würde das die Aktionärsgemeinden «weit mehr kosten» als die Kapitalerhöhung, wie in der Parlamentsdebatte in Uster gesagt wurde.

Abschliessend entscheiden werden die Stimmberechtigten. Die Diskussion im Volk läuft gerade erst an.

Mehr Gruppenpraxen statt Spitalbetten

Einer, der es wagt, den Weiterbetrieb des Spitals Uster öffentlich zu hinterfragen, ist der pensionierte Hausarzt Christian Marti aus Fehraltorf. In einem Leserbrief im «Zürcher Oberländer» plädiert er dafür, das Geld besser in einen Ausbau der hausärztlichen Versorgung zu investieren statt in die Rettung eines Spitals, dessen Erfolg «höchst zweifelhaft» sei. Die Gemeinden könnten zum Beispiel Gruppenpraxen oder Gesundheitszentren fördern, schlägt Marti vor.

Es gebe zu viele Spitalstandorte in der Schweiz – auch im Zürcher Oberland, schreibt Marti. In dieser Region wurden zwar vor über 20 Jahren durch die damalige Gesundheitsdirektorin Verena Diener mehrere Spitäler geschlossen: in Wald, Rüti, Pfäffikon und Bauma. Die verbleibenden zwei in Uster und Wetzikon liegen aber nur knapp zehn Kilometer auseinander und haben ein praktisch identisches Behandlungsangebot.

«Die hohe und unkoordinierte Spitaldichte begünstigt ein kostspieliges technologisches Wettrüsten auf engstem Raum.»

Christian Marti, Hausarzt

Seit eine Fusion vor drei Jahren gescheitert ist, gibt es keine Bemühungen mehr, das Angebot zu koordinieren. Jedes Spital schaut für sich. Das Spital Wetzikon hat eben eine neue Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie eröffnet – ein Fachgebiet, das Uster ebenfalls abdeckt.

«Die hohe und unkoordinierte Spitaldichte begünstigt ein kostspieliges technologisches Wettrüsten auf engstem Raum», schreibt Marti in seinem Leserbrief. Und führt ein weiteres Argument für eine Spitalschliessung an: Immer mehr Behandlungen können ambulant durchgeführt werden, sogar für künstliche Hüftgelenke müssten die Patientinnen und Patienten nicht mehr zwingend in ein Spital. «Statt Millionen abzunicken, ist ein Umdenken gefragt», fordert Marti.

Doch die Verantwortlichen im Spital Uster halten an ihren Plänen fest und sehen sich auf gutem Weg: «Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere wirtschaftlichen und strategischen Ziele erreichen werden», sagt Verwaltungsratspräsidentin Sacha Geier.

Daran ändert auch nichts, dass der Direktor das Spital per sofort verlässt, wie am Montag bekannt wurde: Andreas Greulich wechselt zur Privatspitalgruppe Hirslanden und wird Chef der Birshof-Klinik in Baselland.

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